Teil 2
Holmes hatte seinen bequemen Ohrensessel verlassen und stand nunmehr am Fenster, wo er hinunter zur Baker Street sah. Er spähte danach, ob ihm etwas Merkwürdiges oder Verdächtiges auffiel. Doch nur ein Zeitungsjunge pries die neueste Ausgabe der Times an. Der Gemüsehändler schräg gegenüber packte zur späten Stunde seinen Obst- und Gemüsestand wieder ein. Einige Droschken fuhren im normalen Tempo vorbei. Nirgends war ein herum lungernder Gauner ersichtlich, der das Haus 221b beobachtete oder der sonstig verdächtig erschien.
„Watson, den Fall müssen wir aufklären!“
Mit einer raschen Bewegung drehte sich Holmes um, warf dabei mit seinem wehenden Morgenmantel fast das leere Frühstückstablett, das ihm Mrs. Hudson am Morgen davor dahin gestellt hatte, um und griff sich den Mantel von Watson, den dieser zuvor in eine freie Ecke der Stube geworfen hatte.
„Lassen Sie mal sehen, ob ich an dem Mantel Spuren vom Angreifer entdecken kann.“
Der Mantel, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, war immer noch staubig und verschmutzt. Watson hatte ihn nur notdürftig auf seiner raschen Flucht vom Tatort abgeklopft. Doch ein wenig von der Erde war an ihm hängengeblieben. Holmes begab sich mit seinem Vergrößerungsglas auf Spurensuche.
„Sehen Sie, Watson! Hier sind neben der Erde noch winzige Spuren eines weißen Pulvers. Das werde ich analysieren müssen. Es erscheint so, als käme es mir bekannt vor. Wahrscheinlich ist der Gauner in kriminelle Ereignisse verwickelt, die mit Drogenhandel zu tun haben. Lassen Sie mich mal ein paar Krümel davon probieren.“
„Aber Holmes, bitte nicht!“
Zu spät; Holmes hatte seinen Zeigefinger angeleckt und sammelte damit vom staubigen und schmutzigen Mantel ein paar weiße Krümel auf.
„Verdammt, das muss eine neue Droge sein, die ich noch nicht kenne. Die schmeckt irgendwie süßlich.“
Watson saß immer noch in seinem Sessel und sah Holmes bei seinen Aktivitäten bestürzt zu. Er war zu erschöpft, um Holmes rechtzeitig bei seinem Tun zu stoppen. Aber er war ja schon viel von Holmes gewohnt. Er wusste, dass Holmes unbeirrbar seinen Weg gehen würde.
„Holmes, warten Sie. Ich kann Ihnen das erklären. Ich hatte den Fußweg gewählt, um an der auf dem Weg liegenden Bäckerei mir noch ein wenig Naschzeug mit Puderzucker zu besorgen. Davon ist wohl etwas auf dem Mantel gelandet, als ich mich gegen den Angriff gewehrt habe. Aber schauen Sie doch mal in die Innentasche des Mantels. Dort finden Sie einen Brief, auf den es der Angreifer abgesehen haben könnte.“
Holmes spuckte die sich in seinem Mund befindliche Mischung aus Puderzucker und Dreck auf den vor Tagen von Mrs. Hudson gesäuberten Boden. Flink holte er einen weißen Umschlag aus der Innentasche hervor, zog ein weißes Blatt hervor, dessen Inhalt er laut vorlas:
„Lieber Sherlock,
Sie wissen, dass ich selten Ihre Hilfe brauche. Nunmehr ist es aber soweit. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mit Ihrem Freund John mir zu Hilfe eilen könnten. Es geht um die nationale Sicherheit des Königreichs. Ich bin einem Komplott von riesigem Ausmaß auf der Spur. Die Queen ist in Gefahr. Kommen Sie schnell zu mir. Mit herzlichsten Grüßen IA. - Hier hört der Brief auf, Watson.“
Holmes wendete den Brief noch hin und her, nahm sich noch einmal den Umschlag, um einen Absender zu erkennen. Aber da stand nichts weiter.
„Verdammt Watson! Was will denn Idi Amin von mir?“
28.07.2023
Martin
Fortsetzung kommt bei neuen Einfällen ...
Lesezeichen