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Pif Pocket 16
Ich habe mal wieder einen Blick auf die Neuauflage von Clever & Smart gewagt. Zuletzt hatte mich die hohe Zahl an Textfehlern vom Kauf abgehalten, aber jetzt wollte ich doch wissen, wie es derzeit aussieht und habe mir das Carlsen-Album Nr. 12 „Eine Bombe für den Boss“ (10 €) gekauft, gelesen und mit der gleichnamigen Condor-Nr. 13 (3. Auflage, GOLDEN Comic-Gags, 5 DM) verglichen.
Heftqualität: Beide Hefte sind gut und solide, das Condor-Heft m. E. etwas besser verklebt, aber mit vier Seiten nicht immer schöner Werbung am Ende. Insgesamt hier Gleichstand.
Inhalt: Wie fast alle Frühwerke des Meisters ein Genuss.
Titel: Es wurde der alte Titel beibehalten, obwohl er etwas mau ist. Der Originaltitel lautet „Operation Bombe!“. Ohne meinem heutigen Schwerpunkt „Textaktualisierung“ zu weit vorgreifen zu wollen, kann ich aber schon mal sagen, dass der Carlsen-Name für den gesuchten Täter „Der Detonator“ ein Pluspunkt ist. Im Condor-Album heißt er noch "Anarcho-Willi". Ich hätte es gut gefunden, wenn man dem Album daraus abgeleitet den neuen Titel „Der Detonator“ gegeben hätte. Auch wenn Clever & Smart-Fans sich sicher am alten Titel erfreuen, hätte dieser Titel möglicherweise auch neutrale Comic-Interessierte stärker angesprochen.
Druckqualität: Hier ist Carlsen Sieger durch KO. Bei Condor ist der Anzug von Mister L mal blau, mal rot. Auf dem Flughafen ist der Himmel mal blau, mal rot, mal gelb, mal grün. Alptraumhaft. Bei Carlsen ist alles schön blau. Ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Textqualität: Dies bleibt leider weiterhin das Manko. Neben glatten Rechtschreibfehlern (z. B. „gescihtet“ auf S. 30, „Was stellst Du denn da?“ auf S. 15) auch die Zeichensetzung (z. B. „Bist Du sicher!“ auf Seite 19). Sogar in den kurzen Satz „Kein Grund zu brüllen!“ wurde noch ein Komma eingestreut (auch S. 19). Nicht ganz glücklich fand ich darüber hinaus, dass auf S. 42 Fred seine Kompetenz bei Seemannsknoten rühmt, aber nur ein Umblättern später jemanden fragt, ob er sich mit Seemannsknoten auskenne. Auch nicht so richtig verstanden habe ich, was eine ausgeschaltete „Playswitchbox 5X One“ laut summen lässt (S. 6). Diese Frage stellt sich bei dem „Familienschmuck“ aus dem Condor-Album freilich noch mehr.
Neuvertextung: Eins vorweg: Hier ist viel gelungen. Auch dass Jeff jetzt wieder durchgängig „Jeff“ und nicht mehr „Chef“ genannt wird, ist für mich ein Gewinn. Ein ganz kleines Detail, was mir auch gut gefällt, möchte ich zudem loben: das häufige Verwenden von Pünktchen am Satzende, gelegentlich auch am Satzanfang. Kenne ich sonst so nicht, finde ich aber gut. Es lässt immer so etwas Offenes, Unausgesprochenes stehen. Das gefällt mir.
Insgesamt ist zur Neuvertextung zu sagen, dass Carlsen hier viel nüchterner formuliert. Dadurch ist zwar die Condor-Ausgabe manchmal witziger, doch geht dort einem der ständige Klamauk mit der Zeit auf die Nerven. Und auch bei Carlsen ist mancher Extra-Lacher drin. Auf Seite 24 gefiel mir die Bezeichnung „Vollstrategen“ für unsere beiden Spitzenagenten, während im Hintergrund der Verkäufer „Zwei zum Preis von dreien“ anbietet (Condor hier auch nicht schlecht, aber anders), auf S. 7 der "Zielpunkt H-IV" (gelungenes Doppelspiel) und auf S. 35 das „Hotel Drei Tageszeiten“. Originell auch der Verkäufer, der den Lebensmittelschrank zum Schutz gegen Ungeziefer wegen seiner „hochgiftigen Spezialbeschichtung“ rühmt (S. 20) und die Frage an den signierenden Meister nach der Neuauflage von „Tom Tiger & Co“ (S. 22). Hier stellt sich allerdings wie bei der Brieftaube, die im Flugzeug einschwebt und der fehlende „Flugscham“ vorgeworfen wird (S. 11, das Wort musste ich erst einmal nachschlagen) die Frage, wie schnell diese Gags vielleicht nicht mehr verstanden werden. Voraussichtlich zeitlos dagegen „Last Christmas“ als Aufforderung zur Selbstzerstörung (S. 15). Richtig lachen musste ich bei den „lässigen Souvenirs“ auf Seite 20 (Condor hier schwach: „Konsum-Palast KAUFDOOF, eine Filiale des großen Verbraucher-Vergewaltigungs-Centers“) wie bei dem „armen Wauzi“ (S. 19), dem Jeff gerade eins übergebraten hatte.
Noch zwei Ergänzungen: Der Fettdruck, der bei Condor zeitweise übermäßig und sinnentleert verwendet wurde, kommt auch bei Carlsen vor. Hier aber sehr sparsam und meist gelungen (z. B. Seite 20). Auch die Lautmalerei ist mitunter ein Hingucker. Das „BRUHAHA“ des schadenfrohen Publikums (S. 18) statt dem sattsam bekannten „GRÖHL“ ist eine gelungene Neuschöpfung. Condor ist hier mit „ZUGABE!“ allerdings auch nicht schlecht.
Fazit: Die Neuvertextung bietet manches Kleinod. Die Neuauflage ist aber allein schon wegen der Bildqualität ein Gewinn. Werden noch die Rechtschreibprobleme eingefangen, ist es ein Muss für Fans, selbst bei kompletter Condor-Sammlung.
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